Steffen König

Die Dämonen vom Ullswater

 

2014

   

 

  

 

 

 

Wurdack

251 Seiten



 

Bei H.G. Wells' Klassiker "Krieg der Welten", dem Prototyp der Alieninvasions-Erzählung schlechthin, haben sich im Laufe der Zeit etliche Romane, Kurzgeschichten und Filme bedient. Das reicht von der Übernahme einzelner Elemente über die respektvolle Hommage bis hin zum billigen Plagiat. Auch Fortsetzungen des Stoffs, sowohl offizielle als auch inoffizielle, gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Die wohl bekannteste dürfte "Das Ende der Menschheit" von Stephen Baxter sein.

 

Einen etwas anderen, durchaus originellen Ansatz verfolgt Steffen König in seinem Debütroman "Die Dämonen vom Ullswater", denn er erzählt darin die Vorgeschichte zur altbekannten Marsianer-Invasion. Das wird bereits im Prolog deutlich, in dem explizit auf die späteren, in Wells' Roman geschilderten Ereignisse eingegangen wird.

Sollte man "Krieg der Welten" also auf jeden Fall schon kennen, bevor man sich "Die Dämonen vom Ullswater" vornimmt? Ja und nein.

Ja, weil man dann die zahlreichen Bezüge, Vorahnungen und Hinweise besser erkennen und einordnen kann.

Nein, weil Königs Roman auch völlig eigenständig funktioniert und daher ohne jegliche Vorkenntnisse gelesen und verstanden werden kann.

Aber trotzdem ja, weil letzten Endes das Geschehen aus Wells' Geschichte preisgegeben wird.

Sprich: Wer "Krieg der Welten" kennt, wird den Zusammenhang bereits auf der ersten Seite erkennen. Wer nicht, muss damit rechnen, im Verlauf dieses Romans kräftig gespoilert zu werden. Wenn man also - falls es so etwas gibt - mit dem ursprünglichen Stoff überhaupt nicht vertraut ist und beabsichtigt, das früher oder später zu ändern, sollte man lieber zunächst zum Klassiker greifen.

 

Die Ereignisse in "Die Dämonen vom Ullswater" setzen ihrerseits einige Jahre früher ein, genauer gesagt im Jahr 1894. Und da wartet auch schon die erste erzählerische Klippe, die - soviel vorab - vom Autor meisterhaft genommen wird: Der Stil des Romans ist stark an die damalige Zeit angelehnt. Er bedient sich einer etwas altmodischen Sprache, so dass beim Lesen der Eindruck entsteht, tatsächlich einen Text aus dem späten neunzehnten Jahrhundert vor sich zu haben.

Auch der Aufbau der Geschichte erinnert an den guten alten Schauerroman aus jenen Tagen. So könnte der vom Ich-Erzähler in der Rückschau verfasste Prolog, in dem furchtbarste Geschehnisse bereits angekündigt werden, ebenso gut aus einem Werk von Lovecraft oder Poe stammen.

 

Inhaltlich dreht sich die Handlung um einen jungen Anwalt, der an den titelgebenden See, den Ullswater, reist, um dort einigen mysteriösen Vorfällen auf die Spur zu kommen: Es wurden seltsame Lichterscheinungen am Himmel beobachtet und merkwürdige Gegenstände von unbekannter Herkunft und Funktion entdeckt, während zur gleichen Zeit mehrere Menschen spurlos verschwanden. Im Verlauf seiner Nachforschungen kommen mehr und mehr grausige Details ans Licht, bis der Erzähler schließlich selbst in tödliche Gefahr gerät.

 

Apropos grausig: Während in der recht gemächlich erzählten ersten Hälfte der Geschichte noch das Mysteriöse, Geheimnisvolle dominiert, nehmen später die handfesten und ziemlich expliziten Horrorelemente stetig zu. Das Buch ist daher definitiv nichts für schwache Nerven. Es handelt sich aber keinesfalls um eine Splatterorgie, in der die Gewalt zum Selbstzweck verkommt. Die geschilderten Grausamkeiten sind durchaus "nötig", um die Wucht und den Schrecken des Erlebten nachvollziehbar zu machen. Zumal ja bereits Wells' Vorlage seinerzeit keinen Zweifel daran ließ, dass die Invasoren es nicht gut mit der Erde und ihren Bewohnern meinen.

 

Steffen König hat sich hier eine altbekannte Erzählung vorgenommen und Gedanken darüber gemacht, was davor geschehen sein mag. Herausgekommen ist eine inhaltlich sinnvolle Erweiterung der Ursprungsgeschichte, denn eine Invasion wie die von Wells geschilderte kommt ja keinesfalls aus dem Nichts. Und genau davon erzählt dieser Roman.

"Die Dämonen vom Ullswater" ist also ein Prequel, das neue Ideen und Erkenntnisse bietet und somit eben keine bloße "Trittbrettfahrerei" ist, sondern absolut seine Berechtigung hat. Auch atmosphärisch und sprachlich (von einigen wenigen Formulierungen abgesehen) wird der Geist der Vorlage sehr gut eingefangen, so dass alle Freunde klassischer SF- und/oder Schauerliteratur ihre Freude daran haben dürften.

 

 

Fazit: Wer Lust auf eine spannende Science-Fiction-Geschichte in klassischem Gewand und mit starkem Horror-Einschlag hat, kann hier bedenkenlos zugreifen. 

 

 

 

 

Anmerkung:

Entgegen der sonstigen sf-Lit - Gepflogenheiten handelt es sich hier ausnahmsweise um die Besprechung eines kostenlos zur Verfügung gestellten Rezensionsexemplars. Daher soll/muss/kann (so genau weiß das niemand mehr) dieser Text als WERBUNG gekennzeichnet werden. Was hiermit geschehen ist.

Der Inhalt der Besprechung wurde dadurch aber in keiner Weise beeinflusst.


Steffen König

Die Dämonen vom Ullswater

Eine sf-Lit - Kurzkritik von 2021