31. Dezember 2019

2019 - Ein kurzer Jahresrückblick



Die Bestseller

Wie schon im Vorjahr war Maja Lundes "Die Geschichte der Bienen" auch 2019 wieder das meistverkaufte SF-Buch in Deutschland. Die Titelverteidigung gelang sogar mit außergewöhnlich deutlichem Vorsprung vor der Konkurrenz.

Auch auf den folgenden Plätzen finden sich alte Bekannte wieder: "Qualityland" von Marc-Uwe Kling landete erneut auf Rang 2 und auch "Die Geschichte des Wassers" (ebenfalls Maja Lunde) konnte sich bereits 2018 unter den zehn Bestsellern platzieren.

Den vierten Platz belegt Juli Zehs düstere Polit-Dystopie "Leere Herzen" - ein Roman, der zwar im letzten Jahr die Top 10 knapp verfehlte, aber ebenfalls nicht mehr ganz neu ist - nämlich von 2017 -, thematisch allerdings fast noch aktueller als damals. Hier hat das Erscheinen der Taschenbuchausgabe noch einmal zu einem Anstieg der Verkaufszahlen geführt. Selbiges gilt übrigens auch für Frank Schätzings Buch "Die Tyrannei des Schmetterlings", das sich nach Rang 3 im Vorjahr nun mithilfe der TB-Ausgabe noch einmal auf Platz 8 positionieren konnte.

Auf dem fünften Platz taucht schließlich die erste 2019er Neuerscheinung auf: die ruhig und mit teilweise geradezu ungewohnt optimistischem Grundton erzählte Geschichte "Der Wal und das Ende der Welt" des Briten John Ironmonger.

Dauerbrenner Marc Elsberg ist natürlich ebenfalls wieder vertreten: sein neuester Thriller "Gier" landet auf Platz 6, der Longseller und zweimalige Jahresbeste "Blackout" schafft es noch einmal auf Rang 9.

Dazwischen liegt auf der 7 mit "GRM: Brainfuck" von Sibylle Berg der dritte 2019er Neuling innerhalb der Top 10, die zu guter Letzt vom unverwüstlichen Klassiker "1984" (George Orwell) komplettiert wird.

Fazit: Romane, die nicht von reinen SF-Schreibern stammen und dementsprechend ihre Leserschaft auch abseits der Science-Fiction-Fangemeinde finden, verkaufen sich tendenziell besser (was natürlich wenig überraschend ist). Zudem sind deutschsprachige Autorinnen und Autoren in diesem Jahr besonders stark vertreten (sechs von zehn) - US-Amerikaner finden sich interessanterweise überhaupt nicht unter den aktuellen Top 10. Und da "Frauenzählen" in Teilen der Buchbranche im Jahr 2019 ein häufig diskutiertes Thema war, bleibt an dieser Stelle festzuhalten: 40% der SF-Topseller stammen von Autorinnen.

Was fällt sonst noch auf? Dass im Gegensatz zu den Vorjahren diesmal kein durch aktuelle Kinofilme oder Serien gepushtes Buch auf den vorderen Plätzen zu finden ist. Man darf gespannt sein, ob 2020 aus dieser Richtung mal wieder "Hilfe" für den SF-Buchmarkt zu erwarten ist. 

 

Die Top 10 des Jahres 2019 im Überblick:

 

 

  1

Maja Lunde

Die Geschichte der Bienen

 



  2

Marc-Uwe Kling

Qualityland



  3

Maja Lunde

Die Geschichte des Wassers

 



  4

Juli Zeh

Leere Herzen



  5

John Ironmonger

Der Wal und das Ende der Welt



  6

Marc Elsberg

Gier



  7

Sibylle Berg

GRM: Brainfuck



  8

Frank Schätzing

Die Tyrannei des Schmetterlings

 



  9

Mars Elsberg

Blackout

 



10

George Orwell

1984

 




Die Preisträger des Jahres

(Romane)

Deutscher Science Fiction Preis

Tom Hillenbrand

"Hologrammatica"

 



Kurd Laßwitz Preis

(deutsch)

Andreas Eschbach

"NSA - Nationales Sicherheits-Amt"

 



Kurd Laßwitz Preis

(international)

Jasper Fforde

"Eiswelt"

 



Hugo Award

Mary Robinette Kowal

"The Calculating Stars 

   (Lady Astronaut 1)"

{Noch nicht auf deutsch erschienen}

 



Nebula Award

Mary Robinette Kowal

"The Calculating Stars 

   (Lady Astronaut 1)"

{Noch nicht auf deutsch erschienen}



Locus Award

Mary Robinette Kowal

"The Calculating Stars 

   (Lady Astronaut 1)"

{Noch nicht auf deutsch erschienen}

 



John W. Campbell

Memorial Award

Sam J. Miller

"Blackfish City" 

{Noch nicht auf deutsch erschienen}



Arthur C. Clarke Award

Tade Thompson

"Rosewater"

 




Trend 2019:

Kleinverlage haben's schwer

 

Schon mehrfach wurde an dieser Stelle die abwechslungsreiche deutschsprachige Kleinverlagszene gelobt, die beispielsweise dafür sorgt, dass auch unbekannte heimische Autorinnen und Autoren ihre Werke professionell veröffentlichen können oder dass auch weniger massenkompatible Bücher ins deutsche übersetzt werden, an denen die großen Publikumsverlage kein Interesse zeigen. Gerade in Zeiten, in denen abgesehen von Heyne kaum noch Großverlage regelmäßig und in nennenswerter Anzahl Science-Fiction veröffentlichen, sind jene "Kleinen" für die geneigte SF-Leserschaft geradezu unverzichtbar geworden.

Doch speziell im zu Ende gehenden Jahr 2019 hatten diese kleinen Verlage, die oftmals aus purer Leidenschaft und mehr oder weniger als reine Hobbyprojekte geführt werden, mit besonderen Problemen zu kämpfen: Erhöhung der Portokosten für Buchpakete, die Insolvenz des Buchgroßhändlers KNV sowie ein umfangreiches "Auslisten" aus den Katalogen des Barsortimenters Libri haben das finanzielle Überleben für kleine Verlage noch schwieriger bis unmöglich gemacht. Mehr als einer hat im Laufe des Jahres das Handtuch werfen müssen.

Einen guten Einblick in die Problematik bietet dieser Artikel von Jakob Schmidt.

Die oben aufgeführte Liste der SF-Preisträger des aktuellen Jahrgangs lässt einen Teil der möglichen Auswirkungen ganz gut erahnen: So fällt auf, dass Mary Robinette Kowals Roman "The Calculating Stars", der die drei vielleicht wichtigsten internationalen Phantastik-Literaturpreise abgeräumt hat, noch keinen deutschen Verlag gefunden hat. Der eine oder andere der "renommierten" hat bereits abgewunken; schon mehrfach hat in der Vergangenheit in einer solchen Situation einer der kleineren zugeschlagen.

Die deutsche Ausgabe des aktuellen Arthur C. Clarke Award - Gewinners ("Rosewater" von Tade Thompson) wurde von Golkonda zwar bereits für Herbst 2019 angekündigt ... doch da das einer jener finanziell angeschlagenen und mittlerweile von Insolvenz betroffenen Vertreter ist, wurde der Termin schon mehrfach verschoben, so dass eine tatsächliche Veröffentlichung derzeit in den Sternen steht.

Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie wichtig Kleinverlage für die Phantastik-Szene sind. Natürlich kann sich beides noch zum Guten wenden: der eine Roman mag noch einen Verlag finden, der andere schlussendlich und mit etwas Verzögerung doch noch erscheinen - aber solche Beispiele werden sicher keine Einzelfälle bleiben und die Veröffentlichungsvielfalt droht zweifellos mit dem ... ja ... nennen wir es ruhig dramatisch "Kleinverlagsterben" zu schwinden. Von der Unterstützung für heimische Autorinnen und Autoren ganz zu schweigen.

 

Bei den Leseempfehlungen des Jahres sollen deshalb dieses Mal Veröffentlichungen von eben solchen engagierten Kleinverlagen im Fokus stehen:



Interessante Neuerscheinungen des Jahrgangs 2019, die gelesen werden sollten

Bina Shah

Die Geschichte der schweigenden Frauen

Feministisch und aufrüttelnd



Tobias Bachmann

Gynoid

Manche lassen sich vom Label "Steampunk" abschrecken. Warum bloß?



Mats Strandberg

Das Ende

Nach mehreren Horrorromanen nun eine Jugend-Dystopie des schwedischen Autors



Melanie Vogltanz

Shape Me

Brandaktuelles Thema, tolle Autorin



Caroline Hofstätter

Das Ewigkeitsprojekt

Und nochmal: "Science-Fiction ohne Raumschiffe" aus Österreich



Thomas Lohwasser

   & Vanessa Kaiser

      & Thomas Karg

Nimmerland (Die Erben Abaddons 1)

Düstere Endzeit-Action



Ryu Murakami

In Liebe, Dein Vaterland II: Der Untergang

Abschluss des originellen Alternativwelt-Zweiteilers



Erin Lenaris

Befreit (Die Ring-Chroniken 2)

Spannende Dystopien um jugendliche Heldinnen müssen nicht zwangsläufig aus den USA kommen



Stefan Burban

Grausame Ernte (Blutläufer 1)

Military SF im Serienformat



Michael Böhnhardt

Im dunklen Buch des Anbeginns

Schräg, humorvoll, gewaltig




Persönlichkeiten, die fehlen werden

Vonda McIntyre

(28.08.1948 - 01.04.2019)

Star Wars, Star Trek, Traumschlange und Am Hofe des Sonnenkönigs

 

 

Gene Wolfe

(07.05.1931 - 14.04.2019)

Der fünfte Kopf des Zerberus und Der Schatten des Folterers

 

 



Der Science Fiction - Jahresrückblick 2019