David Brin

Sternenflut

"Startide Rising"

 

1983

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Übersetzung: Rainer Schmidt

Heyne

685 Seiten

TB-Ausgabe 2013



 

Der Hintergrund

Bei "Sternenflut" handelt es sich um den zweiten Teil der sogenannten "Uplift-Trilogie" des US-Amerikaners David Brin. Er gilt bei vielen Lesern als der gelungenste Band der Reihe. Alle drei Romane der Trilogie (dazu zählen außerdem "Sonnentaucher" sowie "Entwicklungskrieg") spielen im selben Universum. Da hier eine ganz eigene, vom Auftaktband "Sonnentaucher" relativ unabhängige Geschichte erzählt wird, kann dieses Buch prinzipiell auch ohne Kenntnis des Vorgängers gelesen werden. Für ein vollständiges Eintauchen in diese Welt und ein umfassenderes Gesamtverständnis empfiehlt es sich aber dennoch, chronologisch vorzugehen.

In den 1990er Jahren erweiterte Brin sein Werk dann noch um eine "Zweite Uplift-Trilogie". 

 

 

Das Thema

Woher kommen wir?

 

 

Der Einstieg

"AUS GILLIAN BASKINS TAGEBUCH

Die Streaker hinkt wie ein Hund auf drei Beinen. Gestern haben wir einen heiklen Sprung mittels Overdrive riskiert, nur einen Schritt vor den Galactics, die uns auf den Fersen waren."

Jawohl - genau so muss eine Space Opera beginnen!

 

 

Der Inhalt

Ein Forschungsraumschiff von der Erde, dessen Besatzung sich aus Menschen, Delfinen und Affen zusammensetzt (Vertretern aller mittlerweile intelligenten irdischen Lebens-formen also), stolpert in den Weiten des Weltraums zufällig über einen spektakulären Fund: Uralte Artefakte unbekannter Herkunft, die für die Geschichte des Universums und die Entwicklung sämtlicher Spezies von entscheidender Bedeutung sein könnten. Das hat zur Folge, dass die Streaker von zahlreichen Flotten verschiedenster Alienrassen gejagt wird, die diese Entdeckung um jeden Preis in ihren Besitz bringen möchten.

Die "Erdlinge" können zunächst entkommen und sich auf einem fremden Planeten verstecken, jedoch ist ihr Raumschiff beschädigt und die Schar der Verfolger sitzt ihnen schon im Nacken. 

 

 

Form, Stil und Sprache

"Sternenflut" fällt durch eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Hauptfiguren - oder zumindest wichtigen Protagonisten - auf. Das hat viele kurze Kapitel zur Folge, in denen die Geschehnisse aus einer ganzen Reihe von verschiedenen Perspektiven erzählt werden. Somit kann es durchaus eine Weile dauern, sich mit allen Personen und deren Beziehungen zueinander vertraut zu machen. Doch wenn das erst einmal gelungen ist, liest sich der Roman angenehm leicht und flüssig. Aufgrund seiner Komplexität muss man sich allerdings darauf einlassen wollen (und etwas Zeit mitbringen).

 


Lob und Kritik

+++++ Eine klassische Space Opera mit allen erforderlichen Zutaten +++++

Mit seiner Uplift-Trilogie hat David Brin einen geradezu beispielhaften Vertreter einer waschechten Space Opera vorgelegt. Sie weist in ihrer Gesamtheit - und nicht zuletzt auch im hier behandelten Mittelteil - sämtliche Stärken auf, die dieses Subgenre auszeichnen:

Riesige existenzielle Fragen werden aufgeworfen. Es wimmelt von originellen Aliens, guten wie bösen Rassen (und Protagonisten), intelligenten und weniger intelligenten Lebewesen. Wir lernen fremde Planeten kennen und erleben packende Raumschlachten. Und all das ergibt dann jenes gigantische Universum, das der Autor hier erschaffen hat.

 

- - - - - Viele Fragen bleiben unbeantwortet - - - - -

Der eine zentrale Konflikt, um den es speziell in dem hier vorliegenden Band geht, ist in sich abgeschlossen; somit liegt durchaus eine unabhängige Einzelgeschichte vor. Aber insgesamt geht es im Uplift-Universum um sehr viel mehr! Und so kommt es, dass etliche der Fragen, die hier (und zum Teil auch bereits im Vorgänger "Sonnentaucher") aufgeworfen werden, in diesem Buch noch ungeklärt und völlig offen bleiben. Wer nach der Lektüre dieses Romans also nicht weiterlesen möchte, wird die Auflösung wichtiger Geheimnisse niemals erfahren.

Aber so ist das nun mal bei einem zweiten Teil.

 

- - - - - Es dauert lange, bis die Handlung in Schwung kommt +++++

Wer hier eine actiongeladene Space Opera mit allen dazugehörigen Versatzstücken erwartet, wird - wie bereits erwähnt - keineswegs enttäuscht. Allerdings ist dabei in Hinblick auf den Actionanteil etwas Geduld gefragt. Das Buch nimmt sich viel Zeit, um zunächst einmal sowohl die handelnden Personen vorzustellen, als auch die Welt, in der sich die Geschichte abspielt.

Aber genau so gehört es sich ja eigentlich auch für ein echtes Epos. Und keine Sorge - es wird schon noch ordentlich krachen!

 

- - - - - Fremde Spezies werden allzu menschlich dargestellt +++++

In dieser Welt tauchen intelligente Delfine und Schimpansen sowie eine im wahrsten Wortsinn bunte Palette an fremdartigen Aliens auf, die - unabhängig von Ursprung und Grad ihrer Intelligenz - allesamt eine eigenständige Persönlichkeit besitzen. Viele von diesen kuriosen Lebensformen werden von David Brin  recht ausführlich charakterisiert. Aber es fällt auf, dass ihre Denk- und Verhaltensmuster - so unterschiedlich, fremd und exotisch all diese Wesen auch sein mögen - letzten Endes doch allesamt irgendwie menschlich wirken.

Ihre Beziehungen  untereinander sind geprägt von Zu- oder Abneigung, Liebe, Freundschaft, Feindschaft, Eifersüchteleien, Rachsucht oder Gier. Ihre Denkweisen, ihre Pläne und Absichten, ihre Motivation... all das kommt uns sehr vertraut vor.

Doch ist es wirklich denkbar, dass wir uns so ähnlich wären? Man mag es fast nicht glauben. Aber wer weiß das schon? Womöglich ist ja genau das besonders realistisch, weil intelligente Lebensformen letztlich doch alle auf diese Weise funktionieren? Wir werden es wohl niemals erfahren.

 

+++++ Der Blick auf das "Große Ganze" durch die Augen einiger Weniger +++++

Obwohl existenzielle Fragen auf dem Spiel stehen, fiebern wir dennoch mit einer kleinen Handvoll Protagonisten mit.

Obwohl ein komplexes Thema in einer gigantischen Welt beschrieben wird, nimmt sich der Autor auch die Zeit, das soziale Gefüge innerhalb dieser Gruppe glaubhaft zu beschreiben.

Obwohl es hier um eine Geschichte geht, die insgesamt fünf Galaxien umspannt, verzettelt sich die Handlung nicht zwischen zahllosen Sternensystemen, sondern konzentriert sich auf wenige wichtige Schauplätze.

Und obwohl fast die gesamte Handlung dieses Romans auf einem einzigen Planeten spielt, wird uns dennoch so ganz nebenbei ein komplettes, faszinierendes Universum mitsamt seiner Geschichte erklärt.

 

+++++ Delfine im Weltraum +++++

Delfine als raumfahrende Spezies! Also, wenn das kein Pluspunkt ist...

 

  

Das Fazit

Ein ganzes Universum (und jede Menge Delfine) zwischen zwei Buchdeckeln. Episch!


David Brin

Sternenflut

Eine sf-Lit Rezension von 2015