Margaret Atwood

Die Zeuginnen

"The Testaments" 

 

2019

   

 

 

 

Übersetzung: Monika Baark

Piper

567 Seiten



Mehr als dreißig Jahre nach Erscheinen ihres Klassikers "Der Report der Magd" hat sich die Kanadierin Margaret Atwood tatsächlich an eine Fortsetzung gewagt. Nicht zuletzt die erfolgreiche Serienadaption ("The Handmaid's Tale") dürfte diese Entscheidung zusätzlich befeuert haben.

Und soviel vorab: Es ist eine sehr gelungene Fortsetzung geworden! Insbesondere deshalb, weil es eben keine unmittelbar anknüpfende Fortführung der Handlung ist (was inhaltlich auch schwierig geworden wäre), sondern stattdessen eine neue, andere Geschichte aus derselben Welt erzählt wird.

Natürlich existieren Verknüpfungen, Bezugspunkte und Querverbindungen zum Vorgänger und es gibt auch die eine oder andere Antwort auf offen gebliebene Fragen. Die Story in "Die Zeuginnen" setzt jedoch andere Schwerpunkte und fällt dabei zugleich temporeicher und eindeutig "thrillermäßiger" aus.

 

Vor allem aber: es werden ganz neue Perspektiven eingenommen. Und genau durch diese verschiedenen Blickwinkel wird das ganze Konstrukt 'Gilead' verständlicher. Die Art und Weise, wie solch ein totalitärer Staat funktionieren kann und mit welch perfiden Mitteln Macht und Unterdrückung aufrecht erhalten und perfektioniert werden, sind hier nachvollziehbar und glaubhaft dargestellt.


Wie schon beim Vorgänger, so hat sich die Autorin auch diesmal wieder an Vorbildern aus der Wirklichkeit orientiert, sprich: Alles, was sich Menschen im hier beschriebenen fiktiven Staat ausgedacht haben und gegenseitig antun, hat es in vergleichbarer Form im Laufe der Geschichte irgendwann irgendwo bereits gegeben. So schwer es auch fällt, muss man daher letztlich konstatieren: übertrieben oder unglaubwürdig ist hier leider nichts.


Dieser Roman ist bedrückend und erschreckend, ohne Frage. Aber auch nicht ohne Hoffnung.

Man sollte "Der Report der Magd" kennen, bevor man sich auf "Die Zeuginnen" einlässt. Doch obwohl es stellenweise wehtut: Beide Romane lohnen sich unbedingt!

 

 

 


Margaret Atwood

Die Zeuginnen

Eine sf-Lit - Kurzkritik von 2020