John Crowley

Das große Werk der Zeit

"Great Work of Time" 

 

1989

   

 

 

Übersetzung: Joachim Körber

Wandler Verlag

144 Seiten



Bei "Das große Werk der Zeit" handelt es sich um eine Zeitreise-Geschichte, die im Original bereits 1989 erschienen ist und im Folgejahr den World Fantasy Award in der Kategorie Best Novella (Bester Kurzroman) gewann. Obwohl durchaus einige von Crowleys Romanen im Laufe der Zeit ins Deutsche übersetzt wurden - wie beispielsweise "Maschinensommer", "Little Big oder das Parlament der Feen" oder zuletzt "KA: Das Reich der Krähen"  - dauerte es über dreißig Jahre, bis auch dieses Werk den Weg zu uns gefunden hat. Zu verdanken ist das dem Engagement des noch recht jungen Wandler Verlags, dem dafür Lob und Dank gebührt!

 

Das Thema der Geschichte ist zugegebenermaßen nicht neu (und war es auch schon damals nicht): Das Verändern der Vergangenheit hat Auswirkungen auf die Gegenwart, allerdings - wie es sich für eine Zeitreisegeschichte gehört - nicht immer unbedingt die gewünschten oder erwarteten. Auch die Idee, dass es eine inoffizielle, im Verborgenen operierende Organisation gibt, die mittels Zeitreisen gezielt Einfluss auf die Gestaltung der Welt nehmen möchte, gab und gibt es schon häufiger. Oder dass im Laufe der Geschichte verschiedene historische Persönlichkeiten auftauchen.

 

Aber trotzdem lohnt sich diese Novelle, denn das Originelle, das sie von anderen abhebt, sind vor allem zwei Dinge.

Erstens: das Setting. In Crowleys Erzählung werden eben nicht die "üblichen" Themen, Figuren oder Epochen behandelt. Es soll kein Hitler ermordet oder Napoleon beeinflusst werden, nein, hier spielt ein gewisser Cecile Rhodes eine entscheidende Rolle. Das war ein britischer Politiker, der sich Ende des 19. Jahrhunderts einen (fragwürdigen) Namen als Eroberer und Kolonialherr im Auftrag des damaligen "Empires" machte. Die heutigen Länder Sambia und Simbabwe trugen zeitweise sogar inoffiziell seinen Namen: Nord- bzw. Südrhodesien.

Kurzum: Die Story dreht sich um das einstmals weltumspannende Britische Empire; die Handlungsorte liegen großteils in Afrika, und schon allein dieses ungewohnte Umfeld macht "Das große Werk der Zeit" so außergewöhnlich und interessant.

Die zweite Besonderheit ist Crowleys zwar etwas gewöhnungsbedürftiger, aber ohne Frage sehr eleganter und gekonnter Schreibstil. Auch in Joachim Körbers Übersetzung wird deutlich, dass hier ein überdurchschnittlich sprachgewandter Autor am Werk war.

 

Aus dieser Kombination aus spannendem, unverbrauchtem Setting und blumiger Sprache entstand eine gelungene Variante des Zeitreisethemas. Eine raffinierte kleine Geschichte, die es schon lange verdient gehabt hätte, übersetzt zu werden und die richtig viel Spaß macht.

 


John Crowley

Das große Werk der Zeit

Eine sf-Lit - Kurzkritik von 2022