Jeff Vandermeer

Auslöschung

"Annihilation"

 

2014

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

Übersetzung: Michael Kellner

Verlag Antje Kunstmann

234 Seiten

1. Ausgabe 2014



 

Der Hintergrund

Von den Geschichten des US-Amerikaners Jeff Vandermeer wurde (Stand 2015) erst ein vergleichsweise geringer Teil ins Deutsche übersetzt. Als sein bisheriges Hauptwerk darf wohl die fiktive Chronik der ebenso fiktiven Stadt Ambra - zusammengefasst im Band "Die Stadt der Heiligen und Verrückten" - gelten, doch mit der sogenannten "Southern Reach Trilogie" gelang ihm im Jahr 2014 ein weiterer großer Wurf. "Auslöschung" ist der erste Band dieser Reihe, der unter anderem mit dem Nebula Award ausgezeichnet wurde.

 

 

Das Thema

Ein finsterer Ort

 

 

Der Einstieg

"Der Turm, der dort nicht hätte sein dürfen, bohrt sich an einer Stelle in die Erde, wo der dunkle Kiefernwald in Sumpf und Schilfrohr und die sich anschließenden Salzmarschen mit den windzerzausten Bäumen übergeht."

Ein Turm, der sich in die Erde bohrt ... und das ist bei weitem nicht das Merkwürdigste an ihm.

 

 

Der Inhalt

Bei einem nicht näher benannten mysteriösen Vorfall entstand die sogenannte "Area X": ein von der Außenwelt abgeschnittenes, menschenleeres Gebiet, umgeben von einer unsichtbaren und nur schwer zu überwindenden Grenze. Niemand weiß, was genau dort geschehen ist oder wodurch die seltsamen Ereignisse ausgelöst wurden. Eine vierköpfige Expedition - insgesamt bereits die zwölfte ihrer Art - wird im Auftrag der zuständigen Regierungsorganisation in jenes Sperrgebiet geschickt, um das Rätsel von "Area X" zu lösen.

Doch auch die Absichten der einzelnen Teilnehmerinnen bergen so manches Geheimnis.

 

 

Form, Stil und Sprache

Ein Mitglied der Expedition, "die Biologin" (Namen werden nicht genannt), fungiert als Ich-Erzählerin. Sie schildert und reflektiert die aktuellen Geschehnisse, immer wieder unterbrochen von Rückblenden in ihre eigene Vergangenheit.

Jene Rückblenden verwendet der Autor übrigens sehr geschickt als erzählerisches Stilmittel: gerade in spannenden Momenten streut er sie immer wieder ein und zehrt mit diesem "Prinzip der Verzögerung" zusätzlich an unseren Nerven.

Insgesamt geht es bei dieser Geschichte aber weniger um eine tempo- und wendungsreiche Handlung, sondern vielmehr um die Geheimnisse der Umgebung sowie deren Auswirkungen auf die Protagonistinnen.

 

 

Lob und Kritik

+++++ Geheimnisvolle, düstere Atmosphäre +++++

Von der ersten Seite an ist klar: hier stimmt etwas nicht! Und egal, was die Besonderheit an diesem Ort auch sein mag - er ist auf jeden Fall Furcht einflößend. Jeff Vandermeer schafft es, uns in eine fremde Welt zu entführen, die wir nicht verstehen und die uns Angst macht. Wir spüren nur: Hier geschieht irgendetwas Unheimliches.

Wie der Autor es schafft, dieses Gefühl der Beklommenheit hervorzurufen - und zwar zunächst ohne den genauen Grund dafür preiszugeben - ist große Kunst.

 

+++++ Keine absolute Klarheit - - - - -

Lange Zeit tappen wir im Dunkeln. Worum genau geht es in "Area X" überhaupt? Was ist das Ziel der Expedition? Worin besteht eigentlich die konkrete Gefahr? Zunächst haben wir es mit einer namenlosen, nicht greifbaren Bedrohung zu tun, doch irgendwann schließlich wird es dann doch etwas konkreter. Dennoch ahnt man recht schnell: Eine hundertprozentige Auflösung wird es wohl nicht geben. Wem also eine glasklare Aufklärung aller Rätsel wichtig ist, der könnte diese Erzählweise etwas unbefriedigend finden. Doch gerade die Tatsache, dass manches unerklärt und unerklärbar bleibt, passt gut zu dieser Geschichte und macht ihren besonderen Reiz aus. Das Buch wirft viele Fragen auf, von denen bei weitem nicht alle beantwortet werden. Vielleicht ja in den Teilen zwei und drei? Aber ein gewisser Rest an ungelösten Fragen wird vermutlich bleiben, denn das liegt einfach in der rätselhaften Natur der ganzen Erzählung.

 

+++++ Teil 1 kann für sich alleine stehen +++++

Es handelt sich zwar um den Auftakt einer mehrteiligen Reihe, aber dennoch lässt sich dieses Buch auch sehr gut als Einzelroman lesen. Wer also tendenziell eher davor zurückschreckt, gleich eine ganze Trilogie vor der Brust zu haben, kann unbesorgt sein: Man MUSS die Fortsetzungen nicht lesen. Aber gut möglich, dass man es gerne möchte.

  

 

Das Fazit

Wie gut, dass es noch zwei Folgebände gibt. Diese düstere, böse und geheimnisvolle Welt macht Lust auf mehr.


Jeff Vandermeer

Auslöschung

Eine sf-Lit Rezension von 2015