Phillip P. Peterson

Paradox - Am Abgrund der Ewigkeit

2015

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bastei Lübbe

473 Seiten

TB - Ausgabe 2015



 

Der Hintergrund

Wie schon sein Debütroman "Transport", so wurde auch dieses Buch von Phillip P. Peterson zunächst im Eigenverlag veröffentlicht. Nichtsdestotrotz waren sprachliche und orthographische Qualität gegeben (was ja nicht ausnahmslos für alle Selfpublisher gilt), denn beide Romane haben ein "ordentliches" Lektorat erfahren. Im Jahr 2015 gewann "Paradox" den sogenannten "Kindle Storyteller Award", einen von Amazon und Bastei Lübbe ausgelobten Preis für den besten selbstverlegten Roman des Jahres. Bestandteil der Belohnung für den Sieger war eine Neuveröffentlichung seines Werks im Bastei Lübbe Verlag. Änderungen am Originaltext wurden dabei nicht vorgenommen, denn - siehe oben - er war ja bereits professionell  bearbeitet worden.

 

 

Das Thema

Weltraumpioniere im Alltag

 

 

Der Einstieg

"'Ich darf Sie nicht auf das Gelände lassen, Mr. Holmes!'

Der Wachmann hieß Jeff, wie eine aufgenähte Plakette an der Brust seiner Uniform aufklärte. Er hielt Davids Berechtigungskarte in der einen, den Strichcodescanner in der anderen Hand und starrte durch das Fenster ins Innere des Wagens."

Davids Geschichte beginnt mit einem Problem. Doch solch eine Lappalie wird im weiteren Verlauf noch seine geringste Sorge sein.

 

 

Der Inhalt

Seit den 1970er Jahren hat die Menschheit zur Erforschung unserer Nachbarplaneten mehrere Sonden  ins All geschickt. Mit dem Vorbeiflug an ihren jeweiligen Zielen hatten diese ihre Aufgabe erfüllt und verließen schließlich unser Sonnensystem, um für alle Zeiten in die endlosen Weiten des Weltraums zu entschwinden.  

Bei genaueren Untersuchungen fällt jedoch auf, dass alle diese Flugobjekte ihren Funk-kontakt zur Erde in ganz exakt derselben Entfernung verloren. Zufall?

Mittels eines neu entwickelten "Antimaterieantriebs" ist es in der hier beschriebenen nahen Zukunft nun technisch machbar, Raumschiffe auf bisher undenkbare Geschwin-digkeiten zu beschleunigen. Damit wären Reisen bis zu den äußeren Planeten innerhalb von nur wenigen Monaten möglich. So kommt es also, dass die Besatzung für eine bemannte Mission zusammengestellt, trainiert, ausgebildet und schließlich losgeschickt wird, um die große Frage zu klären: Welches Geheimnis lauert dort am Rande unseres Sonnensystems?

 

 

Form, Stil und Sprache

Die Geschehnisse in "Paradox" werden abwechselnd aus der Sicht zweier Expeditionsteilnehmer erzählt. Da diese in Vorbereitung auf den Flug - und erst Recht natürlich während der Expedition selbst - sehr viel Zeit gemeinsam verbringen, bedeutet das häufig, dass wir die selben Erlebnisse aus verschiedenen Blickwinkeln geschildert bekommen. Genau das ist aber interessant, weil es sich nämlich um sehr gegen-sätzliche Charaktere handelt, die oftmals höchst unterschiedliche Wahrnehmungen und Sichtweisen haben.

 


Lob und Kritik

- - - - - Unnötig irreführender Aufbau +++++

Sehr früh in der Geschichte steht fest, dass eine große Raumfahrt-Expedition geplant ist. Und naturgemäß ist so eine Reise bis an den Rand unseres Sonnensystems buchstäblich ein weiter, langer Weg. Wir sind gespannt! Doch ebenfalls einen sehr langen Weg müssen wir auch als Leser dieses Buches zurücklegen, bis es dann wirklich mal losgeht. Das dauert nämlich. Und dauert. Was ja an sich eigentlich gar kein Problem wäre, da die Geschichte eben zunächst einmal andere Schwerpunkte setzt. Aber mit einer solchen Einleitung werden beim Leser ganz andere Erwartungen geweckt. Das ist stilistisch ein bisschen ungeschickt.

 

+++++ Kenntnisreiche Hard SF vom Feinsten +++++

Wer hofft, von der ersten Seite an in ein actionreiches Weltraumabenteuer einzutauchen, von sich überschlagenden Ereignissen und atemberaubenden Entdeckungen mitgerissen oder in unbekannte Sphären und exotische Welten entführt zu werden, wird enttäuscht sein. Wem "Der Marsianer" zu langweilig war, der sollte von "Paradox" lieber die Finger lassen.

Wer aber an detailgetreuen, realistischen und dadurch sehr intensiven und stimmungsvollen Beschreibungen der Monate, Wochen und schließlich Stunden und Minuten vor dem Start einer solchen Mission interessiert ist, wird begeistert sein. Wer eine Ahnung davon bekommen möchte, wie es an Bord einer Raumstation oder eines Raumschiffs zugeht, kommt voll und ganz auf seine Kosten. Wer wissen möchte, wie aufwändig und langwierig die Vorbereitungen auf solch eine Mission sind und mit welchen Unwägbarkeiten und Problemen die Beteiligten zu kämpfen haben, kann es in diesem Roman erfahren.

Und wer zusätzlich zu diesen kenntnis- und detailreichen Ausführungen über den Ablauf einer derart ungeheuerlichen Unternehmung auch noch auf den ganz speziellen, SF-typischen "Sense of Wonder" hofft, wird reich belohnt werden.

 

- - - - - Ausgiebige Erklärungen technischer Details +++++

Ein Zitat:

"'Und was ist das?', fragte Ed, allerdings mehr aus Langeweile.

'Es handelt sich um Magnetfallen, bei denen die isolierte Antimaterie mittels elektrostatischer Quadrupolfelder von den Innenwänden der Behälter ferngehalten wird', erläuterte Mills, und Ed bereute seine Frage." (S. 175)

Hier wird das Problem beim Namen genannt (und trotzdem noch häufiger auftauchen): Er langweilt sich und bereut seine Frage. Genau so kann es dem Leser gelegentlich auch schon mal gehen. Es sei denn, er ist ein Technikfreak - dann wird er es zweifellos extrem spannend finden.

 

- - - - - Manchmal arg moralisierend +++++

Die grundsätzliche Schlechtigkeit des Menschen wird in diesem Roman wieder einmal ausgiebig hervorgehoben. Seine Aggressivität, sein allzu leichtfertiger Umgang mit Ressourcen, seine Rücksichtslosigkeit und Dummheit - all das wird von Peterson wiederholt betont und mit mahnend erhobenem Zeigefinger kritisiert. Das wirkt hier und da dann doch etwas zu plakativ und oberlehrerhaft.

Andererseits: So ganz unrecht hat er ja leider nicht.

 

+++++ Eine gigantische Unternehmung +++++

Es ist schwierig, die ganz große Besonderheit dieses Romans zu loben, ohne zu viel vorwegzunehmen bzw. zu verraten. Nein, es ist sogar absolut unmöglich.

Also soll hier lieber gar nicht weiter darauf eingegangen sondern stattdessen nur die Frage gestellt werden: Wird der Verlauf der Geschichte jedem gefallen? Die Antwort: Vermutlich nicht. Sollte es aber, denn so macht Science Fiction doch erst richtig Spaß!

Also bitte unbedingt lesen und dann selbst entscheiden.

 

   

Das Fazit

Ein Fest für Hard SF - Fans! Zumindest größtenteils.

 

 

 

 

 

Anmerkung:

 

Entgegen der sonstigen sf-Lit - Gepflogenheiten handelt es sich hier ausnahmsweise um die Besprechung eines kostenlos zur Verfügung gestellten Rezensionsexemplars. Daher soll/muss/kann (so genau weiß das niemand mehr) dieser Text als WERBUNG gekennzeichnet werden. Was hiermit geschehen ist.

Der Inhalt der Besprechung wurde dadurch aber in keiner Weise beeinflusst.


Phillip P. Peterson

Paradox- Am Abgrund der Ewigkeit

Eine sf-Lit Rezension von 2016